Story: Banjariya

Man lernt ein Land nur dann gut kennen, wenn man es mit Respekt, Aufmerksamkeit und vor allem Langsamkeit bereist. Die schlechteste Möglichkeit ist die Nutzung eines Autos, eine bessere mit einem Busses, die beste zu Fuß oder mit dem Fahrrad. 2016 wurde mir in Simari, im Tiefland ein Fahrrad geliehen. Nein, nicht annähernd in der Qualität eines Treckking Rades. Mein Fahrrad war ein klappriges Etwas mit viel zu kurzem Rahmen und nicht veränderbaren viel zu tiefen Sattel. Vereinfacht gesagt, ein Marterinstrument. Trotzdem habe ich über 30 km geschafft. Aber fragen Sie mich nicht, wie ich mich danach (körperlich) gefühlt habe.
Aber Spaß hatte ich eine Menge. Schöne Eindrücke auch in Fülle. Begegnungen mit Menschen die herzerfrischend waren. Und ein kleines Paradies habe ich bei meiner Rennradtour entdeckt. Hierüber möchte ich berichten. Das Paradies heißt „Banjariya“ und ist eigentlich kein Paradies. Banjariya ist ein rechteckig gerodetes Land an einem Fluss gelegen. Die Gründung ist erst 10 Jahre her. Es leben ca. 500 Familien hier, Tharus, eine indigene Volksgruppe. Es sind ehemalige Leibeigene, Kamaias, jeder Familie wurde vom Staat eine Landfläche mit einer Größe von 5 kattha, das entspricht ca. 2000 m2 zur Verfügung gestellt.

 

Das reicht aber nicht aus um den Lebensunterhalt der Familie sicherzustellen. Deshalb versucht ein Großteil der männlichen Bewohner durch Tagelohnarbeiten außerhalb des Dorfes, überwiegend auch in Indien, Geld hinzu zu verdienen. Aber trotzdem liegt das durchschnittliche Einkommen der Familie nur bei umgerechnet 20 Euro pro Monat. Nicht alle Parzellen sind belegt, im Dorf gibt es noch größere freie Flächen. Die Infrastruktur des Dorfes ist sehr schlecht. Der Fluss trennt in der Regenzeit das Dorf vom Zugang zu wichtigen Einrichtungen ab. Nur mit einem kleinen Boot ist der gefährliche Übergang möglich. Schüler weiterführender Schulen haben große Probleme diese zu besuchen. Die nächste Erste Hilfe Station ist 5km entfernt, das nächste Krankenhaus 25 km. Es gibt eine Schule als einzige gemeinschaftliche Einrichtung mit fünf Klassen und 170 Schülern. Elektrizität ist vorhanden, aber sehr oft ist die Leitung durch Wettereinflüsse zerstört. Telefon gibt es nicht, Mobile Verbindungen sind schlecht. Der Zusammenhalt im Dorf ist stark. Durch die Abgelegenheit verirrt sich nie ein Fremder hierhin. Keine einzige NGO ist im Dorf aktiv.

Günther Wippenhohn