Krankenstationen

Balchaur, Terai, West Nepal;  Ein Erfahrungsbericht von Günther Wippenhohn
Balchaur liegt im Terai.  Ich hatte den damaligen Projektkoordinator beauftragt ein geeignetes Projektdorf zu finden. Drei Vorschläge erhielt ich. Im Oktober 2011 besuchte ich die drei vorgeschlagenen Dörfer. Die Entscheidung fiel leicht. Es war Balchaur, eine Ansiedlung von Kamiayas (ehemaliger Leibeigener) in der eine unübersehbare Armut herrschte. Das dringendste Problem war hier die Gesundheit der Kinder.  Im August 2012 hatte ich endlich eine medizinische Kraft(CMA), Radha Chaudhary, gefunden, die hier für die Behandlung der Kinder eingesetzt werden konnte. Sie arbeitete in der Ansiedlung unter schwierigen Bedingungen. In einem kleinen Nebenraum in einem heruntergekommenen Gemeinschaftsbau wurden die Behandlungen durchgeführt. Dann kam ein sehr tragisches Ereignis. Am 17.06.2013 wurde Radha von ihrem Ehemann brutal ermordet, aber es musste irgendwie weitergehen. Im August 2013 hatte ich ein Vorstellungsgespräch mit Babita Chaudhary. Sie war gut geeignet und wurde eingestellt. Auf der 18 stündigen Busreise von Kathmandu nach Balchaur lernte ich in diesem August einen nepalesischen Architekten kennen, Raj Kumar Pokharel. Wir waren uns von Beginn an sympathisch. Er hat es dann auch geschafft meine Entwürfe für eine neue Gesundheitsstation in die Praxis umzusetzen. Im April 2014 war der Bau fertig. Ein den Erfordernissen optimal angepasstes Gebäude mit einem Behandlungstrakt und einer kleinen Wohnung für die medizinische Kraft.  Die neue Gesundheitsstation wurde in Erinnerung an die ermordete Radha Chaudhary auf ihren Namen getauft.

Amthang
Auch im Bergland suchte ich 2011 nach einem geeigneten Projektdorf. Hier besuchte ich im Oktober 2011 drei verschiedene Dörfer. Ausgewählt wurde Amthang eine abgelegene Siedlung verstreut über verschiedene Höhenrücken. Eine Möglichkeit zur medizinischen Hilfe war weit entfernt. Hier verhandelte ich zunächst mit einer Jugendgruppe über mögliche Unterstützung von Kindern. Es erwies sich aber als schwierig eine geeignete CMA zu finden. Schließlich stellte ich Mini Maja Tamang ein. Auch in Amthang setzte Raj Kumar Pokharel meine Entwürfe zu einer Gesundheitsstation um. Im April 2015 war die Station fertig. Es war ein wunderschönes Haus, aber zwei Wochen nach der Einweihung wurde es dann durch das große Erdbeben komplett zerstört. Auch die massive Bauweise nützte nichts, da das Epizentrum nicht weit entfernt war. Das Land lag vollkommen am Boden. In dieser Zeit war es die vordringlichste Aufgaben den Menschen zu helfen. Aber wie konnte man die begrenzen Mittel möglichst effektiv einsetzten? Erhebungen über die ökonomischen Verhältnisse der Familien machten es mir möglich, ganz gezielt die besonders geschädigten zu unterstützen und Spenden optimal einzusetzen. Nach diesen Aktionen begann die Planung für den Wiederaufbau. Dieses Mal wurden die Mauern mit massiven Querträgern erdbebensicher verstärkt. Viele Beratungen mit Raj Kumar, aber auch hier in Deutschland, wurden notwendig um eine optimale Bauweise zu erreichen. Im November 2016 wurde die neue Station eingeweiht. Die Behandlungen in einer provisorischen Wellblechhütte hatte ein Ende.

Wissen und Gesundheit
Die staatlichen Schulen in Nepal sind schlecht, die Lehrer aufgrund eines minimalen Gehaltes kaum motiviert. Hier erkannte ich 2011 die Chance in Schulen auf eine andere Art Basiswissen in gesellschaftlichen Themen zu vermitteln.  Diese nun stattfindenden Veranstaltungen für Erwachsene hatten großen Zulauf. Stetig veränderte sich der Kreis der Teilnehmer. Im Mai 2015 stellte ich eine weibliche CMA ein, die in angemieteten Räumen Kinder behandelte. Die Themen der Schulungen wurden verändert und Kinder einbezogen.  Es war eine große Herausforderung,    Die Entwicklung der Lehrmaterialien ging Hand in Hand mit meinen nepalesischen Mitarbeiterinnen. Schwerpunkte waren  die Unterrichtung in täglicher Hygiene. Der Erfolg sprach für sich: Von 2016 bis  2018 wurden über 8000 Menschen geschult. Rund 3000 Kinder wurden behandelt.

Alternative Medizin
Wie in den meisten asiatischen Staaten ist der Verbrauch an Antibiotika entschieden zu hoch. Es waren deutliche Resistenzen erkennbar. Natürlich war das auch ein Dauerthema  bei den Behandlungen in den Gesundheitsstationen. Aber es war möglich den Konsum einzuschränken. Ich konnte die Mitarbeiter von den Folgen der Antibiotika Resistenzen überzeugen. Von 2012 an wurde der Verbrauch um mehr als 30% eingeschränkt.
Nepalesen neigen zur Medikamentenabhängigkeit. Ein kleines Wehwehchen und schon wird nach einem „Pain Killer“ gefragt. Dabei ist gerade Nepal ein Land das über eine Vielfalt an Naturheilmitteln verfügt. Oft habe ich bei alten Leuten oder bei „Naturdoktoren“ gesessen und mir diese Mittel erklären lassen. Leider geht dieses Wissen in Nepal immer mehr verloren. Ich habe dann bei allen Mitarbeitern und Bekannten in Nepal Berichte über Naturmedizin gesammelt. Heraus kam eine große Vielfalt an Möglichkeiten. Seit 2017 werden jetzt diese Naturmedizin, Kräuter und Salze in den Gesundheitsstationen verabreicht. Und es wird akzeptiert! Es muss nicht immer teure allopathische Medizin sein.